Was ist falsch daran, solche Bedürfnisse wie ich zu haben?

Lisa Albrecht
Lisa Albrecht
Lisa mit ihrer Hündin beim Spaziergang

Meine Hündin bleibt kurz stehen und schnüffelt. Während mein Blick über die Häuser in der Straße wandert, blutet mein Herz ununterbrochen. Dieses Gefühl habe ich, seit ich mir zugestanden habe, dass ich mich in meinen eigenen vier Wänden nicht Zuhause fühle. Gleichzeitig schäme ich mich ein bisschen für meine Gedanken, meckere ich hier nicht auf hohem Niveau? Es gibt doch wichtigere Probleme auf dieser Welt!

Hunger. Krieg. Schicksalsschläge. Im Vergleich ist meine Erkenntnis, nicht in meiner neuen Wahlheimat angekommen zu sein, kaum größer als ein halbes Reiskorn. Mein Kopf trichtert mir ein, dass ich doch froh sein kann, ein eigenes Zuhause zu haben und dass es viele Menschen gibt, die in großer Armut ohne eine feste Behausung leben. Wut und Trauer zugleich klopfen bei mir an und ich fühle mich verantwortlich für das Ungleichgewicht auf dieser Welt. Ein großer Weltschmerz durchbohrt mich regelrecht.

Meine Hündin zieht mich weiter und reißt mich aus meinen Gedanken. Liebevoll schaue ich zu ihr und bewundere sie gleichzeitig so sehr. Egal wo sie ist, sie fühlt sich überall Zuhause, Hauptsache ihr Rudel ist dabei. Sie macht sich auch nicht so viele Sorgen, sie lebt einfach im Hier und Jetzt und genießt den Moment. Mein Verstand meldet sich zu Wort: Was ist eigentlich falsch daran, solche Bedürfnisse wie ich zu haben? Jeder Mensch hat Wünsche und ist bestrebt, sie zu erfüllen.

Bei dem vielen Grübeln bin ich wohl in eine Falle getappt. Denn anstatt meine Bedürfnisse anzuerkennen und zu mir zu stehen, habe ich viele Ausreden. Ich sage mir, dass meine Wünsche gar nicht groß sind, schließlich will ich lieber ein kleineres Zuhause haben. So ein Blödsinn… sind meine Bedürfnisse etwa erst dann in Ordnung, wenn sie bescheiden sind? Und wenn ich das Bedürfnis hätte, noch mehr Platz zum Leben zu haben, ist das nicht okay?

Über Bedürfnisse lässt sich sicher streiten. Ist ein Fallschirmsprung wirklich notwendig oder wäre es nicht wichtiger, an eine Hilfsorganisation zu spenden? Das muss jeder für sich beantworten. Ich glaube, das Wichtigste dabei ist sein Gefühl, die richtigen Entscheidungen sowohl für sich als auch indirekt für andere zu fällen und damit im Einklang zu sein.

Meine Hündin meldet sich am anderen Ende der Leine mit einem aufgeregten Fiepsen. Ich schaue hoch und sehe einen Mann mit einem Labrador auf uns zukommen. Sofort verspannen sich meine Muskeln und ich halte die Luft an. Ich weiß, dass dieses Verhalten jetzt gar nicht förderlich ist, da sie dann noch impulsiver auf ihren Artgenossen reagiert. Ich denke an ihr Bedürfnis und lasse es geschehen. Träume ich? Meine Hündin bleibt souverän! Sie lässt sich von dem anderen Hund beschnuppern, inhaliert ebenfalls kurz seinen Duft und beschließt, nett zu sein. Ich wundere mich über diese entspannte Begegnung und weiß plötzlich, dass alles gut ist, so wie es ist. Es ist völlig natürlich, Bedürfnisse zu haben. Ich entscheide mich, ebenfalls nett zu mir selbst zu sein. Meine Bedürfnisse lade ich am besten zum Kaffee ein, damit wir uns beschnuppern können.

An dieser Stelle noch ein UPDATE: Seit Anfang 2024 habe ich mein neues Projekt “Einfach leben, mehr sein” ins Leben gerufen, du findest es auf www.lisa-albrecht.de. Es ist die Fortsetzung von diesem Blog, aber auf einer völlig anderen Ebene. Ich freue mich, dich dort zu sehen! Alles liebe, Lisa.

Veröffentlicht am 18. Februar 2024.
Lisa Albrecht
Lisa Albrecht
Gründerin & Autorin
Ich bin immer auf der Suche nach ganzheitlichen Lösungen für mehr Gesundheit und Balance im Leben. Ich liebe das Meer, veganes Vanille-Eis und unsere Erdbeeren aus dem Garten.
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