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Hand aufs Herz: Ist Minimalismus eine Krankheit?

Lisa Albrecht
Lisa Albrecht

Ich will mehr Übersicht in meinem Leben. Ich will mich nicht mit Dingen umgeben, die absolut nicht zu meinem Leben passen. Generationen, die wenig hatten, können diese Gedanken vermutlich nicht nachvollziehen. Wer wenig hat, ist arm oder arm dran. Wer wenig hat, ist unglücklich - denn er kann sich ja nichts leisten. Zumindest sind sehr viele Menschen so geprägt und verstehen vielleicht den Sinn hinter Minimalismus nicht. Es geht dabei nicht nur um materielle Dinge. Ich habe schon einige Male die Aussage gehört, dass Minimalismus eine Art Krankheit ist. Oder Ersatzreligion. Menschen verurteilen gerne vorschnell und möchten nicht erkennen, dass Minimalismus richtig viel Ballast von den Schultern abnehmen kann.

Ist Minimalismus eine Krankheit?

Wir leben heute in einer Zeit, die voll mit Terminen, Reizüberflutung und Konsum ist. Wenn sich ein Mensch früher einmal in zehn Jahren neue Winterschuhe beim Schuster bestellt hat, war das ein Highlight. Heute muss sich der gleiche Mensch zusammen reißen, um nicht in Versuchung zu geraten, alle paar Monate neue Schuhe zu kaufen. Die Gesellschaft, die Werbung und die Möglichkeiten sind anders geworden. Waaas? Du hast nur ein paar Winterschuhe? Wie unkreativ. Wie unhygienisch. Oder man erntet schlichtweg bemitleidende Blicke, weil man sich das "antut".

Ist Minimalismus eine Krankheit?

Minimalismus hat nichts mit Armut zu tun. Minimalismus ist ein Ventil, sich von Dingen, die einen nur unnötig belasten, freizumachen. Ganz im Ernst: Ich habe nur ein Paar Winterschuhe. Ich trage sie so lange, bis sie auseinander fallen. Und da ich mit ihnen zufrieden bin, kaufe ich keine neuen. Natürlich gibt es viele schöne Schuhe auf dem Markt. Aber ich muss sie nicht alle haben. Denn genau an diesem Punkt müssen wir uns fragen, warum wir eigentlich Dinge haben wollen, obwohl wir sie nicht brauchen. Meine Oma würde den Satz pflegen: „Für schlechte Zeiten". Mag sein, dass das sinnvoll ist. Ob jedoch Schuhe eine gute Geldanlage sind, weiß ich nicht. Was ist, wenn die zweiten Schuhe mir zehn Jahre später nicht mehr gut passen oder einfach nicht gefallen? Oder meine aktuellen Schuhe halten länger als 10 Jahre. Mit schlechten Zeiten hat es dann nicht mehr so viel zu tun.

Ist Minimalismus eine Krankheit?

Seit ich unseren Haushalt immer mehr von Dingen befreie, die nur nutzlos den Keller, den Dachboden, die Abstellräume, die Schränke und Regale besetzen - merke ich, wie viel mehr Zeit und Lebensgefühl ich gewinne. Damit die unnötigen Sachen nicht kaputt gehen, müssen sie nicht nur zwischendurch abgestaubt (was unnötig Zeit in Anspruch nimmt), sondern auch gelagert und gepflegt werden. Durch die Lagerung benötigt man mehr Platz bzw. Wohnraum. Mehr Wohnraum kostet mehr Geld und dieses Geld investiert man in die Lagerung von Dingen, die man nicht braucht. Wirklich sinnvoll für schlechte Zeiten! Die meisten Haushalte sind prallvoll mit Dingen und die Besitzer wissen kaum, was sie wirklich haben. Für schlechte Zeiten? Na klar! Durch die Unübersichtlichkeit werden Dinge sogar doppelt gekauft, weil man nicht mehr wusste, dass sie bereits im Schrank liegen.

Ist Minimalismus eine Krankheit?

Minimalismus ist keine Krankheit, die die Menschen an nichts anderes denken lässt, als an Putzen und Aussortieren. Vielleicht am Anfang, wenn man sich damit beschäftigt, ist man immer wieder dabei, seinen Haushalt zu reduzieren. Doch nur, weil man sich dessen bewusst geworden ist, was da eigentlich passiert! Wenn man jedoch im Kopf bewusster geworden ist und verstanden hat, dass eine oder zwei Sachen in der Regel ausreichen - wie eben Winterschuhe - hat man gar kein Bedürfniss mehr, weitere zu kaufen. Man genießt seine freie Zeit und geht in den Schuhen spazieren, trifft Freunde oder freut sich darauf, sie ordentlich ins Regal zu stellen. Weil sie ein Lieblingsstück sind, mit Bedeutung und mit Wertschätzung. Wenn Minimalismus jedoch zwanghaft geworden ist und keinerlei positive Momente mitbringt, stimmt etwas nicht. Doch nach meiner Erfahrung wird Minimalismus gerne von Menschen als Krankheit bezeichnet, die Angst davor haben, Altes loszulassen, sich mit sich selbst zu beschäftigen, unglücklich mit ihrer aktuellen Lebenssituation sind oder andere Lebenskonzepte nicht akzeptieren wollen.

Ist Minimalismus eine Krankheit?

Ich persönlich fühle mich mit Minimalismus sehr wohl. Jedem ist freigestellt, ob und wie er minimalistisch leben möchte. Ich habe kein klares Ziel, wie weit ich unseren Haushalt reduzieren möchte. Ich handle einfach nach meinem Bauchgefühl. Wenn ich das Gefühl habe, es ist Zeit zum Ausmisten, Verschenken und Reduzieren - tue ich es. Immer mehr merke ich, wie ich mich über die übrig gebliebenen Lieblingsstücke freue - sie sind nützlich, schön und vermitteln ein gutes Gefühl. Endlich nehme ich sie wahr und fühle eine Wertschätzung. Mit diesen Dingen möchte ich mich umgeben, denn mein Zuhause soll mir ein positives Gefühl vermitteln.

Eure Lisa.

An dieser Stelle noch ein UPDATE: Seit Anfang 2024 habe ich mein neues Projekt “Einfach leben, mehr sein” ins Leben gerufen, du findest es auf www.lisa-albrecht.de. Es ist die Fortsetzung von diesem Blog, aber auf einer völlig anderen Ebene. Ich freue mich, dich dort zu sehen! Alles liebe, Lisa.

Veröffentlicht am 3. Dezember 2017.
Lisa Albrecht
Lisa Albrecht
Gründerin & Autorin
Ich bin immer auf der Suche nach ganzheitlichen Lösungen für mehr Gesundheit und Balance im Leben. Ich liebe das Meer, veganes Vanille-Eis und unsere Erdbeeren aus dem Garten.
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