Tiny House: Über Platzmangel, Putzen, Aussortieren und Minimalismus
Ein Minihaus zieht mich magisch an. Ich stelle mir immer wieder vor, was ich mit nur 20 m² - wie Luise Gleason das bereits tut (lese den ersten Teil Wohnen im Tiny House - Selbstbau, Erfahrung und Vorteile), alles anstellen würde. Was ist eigentlich mit meinem aktuellen Hab und Gut? Was brauche ich wirklich zum Leben und was würde ich gar nicht vermissen, wenn ich es einfach nicht mehr besitze? Ich habe mit Luise über das Leben in einem Tiny House gesprochen, über Minimalismus, aber auch Putzen, Aussortieren und ihre Lebenseinstellung zu materiellen Dingen. Schaut auch unbedingt bei Luise (im englischsprachigen) Runaway Shanty Blog vorbei!
Ihr wohnt auf 20qm in eurem Tiny House - wie hätte dein früheres Ich auf diese Tatsache reagiert?
Haha, das ist eine gute Frage! Ich habe schon immer davon geträumt, nur aus meinem Koffer zu leben und die Welt zu entdecken, also hätte ich vermutlich erst einmal überrascht geguckt, aber es dann sehr interessant gefunden. Ich hätte wahrscheinlich sofort angefangen, mir die Dinge zu schnappen, die wirklich wichtig sind und dann gefragt, “Wann gehts los?” Aber den meisten Menschen ist es sicherlich noch nicht in den Sinn gekommen auf engstem Raum zu leben. Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, dann war das nie ein Thema. Ganz im Gegenteil, es wird eher mit Armut verknüpft und man denkt häufig an herumreisende Zigeunerwagen, die nicht wirklich in unsere Gesellschaft passen, oder hier in den USA an an der Armutsgrenze lebende Menschen, die sich nur einen Wohnwagen leisten können.
Findest du, dass ihr ausreichend Platz habt?
Generell schon. Es ist erstaunlich, wie wenig Platz man eigentlich braucht, um sich wohlzufühlen. Wir haben lange überlegt, wie wir unser Häuschen gestalten, um den geringen Raum so gut wie möglich zu nutzen. Ich bin aber auch ein sehr minimalistischer Mensch und brauche keine ausgefallenen Klamotten, trage kaum Makeup und Schmuck schon gar nicht. In meiner Küche befinden sich nur die Geräte, die ich wirklich brauche, um lecker und gesund zu kochen. Auf eine Mikrowelle habe ich zum Beispiel verzichtet, weil ich die Strahlung gefährlich finde, und anstatt eines Eierschneiders, Apfelschneiders, Möhrenschälers oder einer Käseraspel und was weiß ich noch, habe ich eben nur ein paar scharfe Messer.
Was würdest du sagen - besitzt du viel oder wenig?
Materialistisch betrachtet liegt so etwas ja immer im Auge des Betrachters. In der westlichen Gesellschaft würde man sagen, ich besäße wenig, doch Menschen aus Entwicklungsländern sähen das sicherlich anders. Ich selbst bin der Meinung, dass ich weder viel noch wenig besitze, denn ich bin zufrieden mit dem, was ich habe, und was ich besitze hat einen sentimentalen Wert und/oder hochwertige Qualität. Wichtiger ist aber, dass ich mich in meinem Herzen so viel reicher fühle. Ich bin dankbar für alles, was ich habe und wer ich bin. Ich fühle mich freier, da ich finanziell und physisch unabhängig bin. Ich habe mehr Zeit für die Dinge und die Menschen, die mich wirklich glücklich machen. Gerade in unserer heutigen Zeit verlieren wir uns selbst immer mehr und vergessen, was unser Körper und unsere Seele wirklich brauchen.
Besitzt du wirklich nur die Sachen, die du auch regelmäßig nutzt? Schließlich ist der Platz in einem Tiny House endlich...
Es klingt wahrscheinlich wahnsinnig witzig, aber ich stöbere täglich durch meine Sachen und suche nach weiteren Dingen, die ich loswerden kann. Ab und zu überkommt es mich und ich bringe wieder einen kleinen Beutel zum Second-Hand-Laden, aber dann belohne ich mich auch gerne einmal mit etwas Neuem. Ich probiere gerne neue Sachen, dekoriere um oder wechsle meine Outfits, aber wenn ich mit etwas fertig bin, zögere ich nicht lange und gebe es schnell weg oder verkaufe es. Da kenne ich keine Reue. Generell sollte man aber schon einige Dinge haben, die vielleicht nicht funktional sind, aber wir schön finden, uns ein Lächeln aufs Gesicht zaubern, wenn wir sie sehen, oder Gefühle und Erinnerungen in uns wecken.
Du bist vermutlich eine Meisterin in Ausmisten. Hast du Tipps für mich?
Es ist ganz wichtig seinen eigenen Rhythmus zu finden und sich von nichts und niemandem beeinflussen oder zwingen zu lassen. Es wird immer jemanden geben der sagt, “Das brauchst du doch bestimmt noch.” oder “Also ich könnte ohne das nicht leben.” Man fängt am besten klein an und sortiert langsam aus. Mir fiel es oft leichter, über den weiteren Verbleib manch liebgewonnener Dinge nachzudenken, und habe sie deswegen zu Freunden, Verwandten oder Arbeitskollegen gegeben. Aber ein Leben mit wenig Besitz ist heute einfacher denn je – man kann so viele Dinge im Internet oder auf dem Computer und Handy speichern und braucht dafür keinen Platz mir im eigenen Heim zu machen: Bücher, Filme und Musik vor allem.
Kannst du dir eigentlich vorstellen, mit mehr als 2 Personen auf 20qm zu wohnen?
Ja, definitiv! Der Trick hierbei ist, so viel Zeit wie möglich draußen zu verbringen. Noch nie haben die Menschen in ihrer Geschichte sich so sehr von der Natur abgekapselt, doch andersherum gab es noch nie so viel Aufschrei für den Schutz unserer letzten verbleibenden Wildnisse. Die Natur kommt ohne uns aus, aber wir nicht ohne sie, und je mehr wir uns von ihr entfernen, umso größer wird unser Drang zu ihr zurückzukehren. Mein Mann, mein Hund und ich sind gerne in der Natur unterwegs. Wir wandern, zelten, kayaken und schwimmen zum Beispiel viel und kehren in unser Haus nur zum waschen, essen und schlafen zurück. Von daher kann ich mir definitiv vorstellen, mit mehr als 2 Personen hier zu wohnen.
Wie lange brauchst du zum Saubermachen?
Die Zeit, die ich zum Putzen brauche, ist enorm gesunken. Meist habe ich innerhalb von 15 Minuten alles sauber. Dafür hat die Häufigkeit zugenommen. Auf engstem Raum wird der Fußboden halt schneller dreckig und man muss Dinge, die man herausnimmt auch schnell wieder wegpacken, sonst sieht es schnell chaotisch aus. Aber ich war schon immer eine ordentliche Person und bei mir hat jeder Gegenstand einen bestimmten Platz. In einem kleinen Haus ist es also einfacher für mich, die Übersicht zu bewahren.
Hattet ihr mal das Problem, dass z.B. ein Hobby mehr Platz beansprucht, als man zur Verfügung hat?
Das ist einer der wenigen Aspekte, über die wir immer noch grübeln. Was ist, wenn wir irgendwann einmal Sportausrüstung irgendwo unterbringen müssen oder wenn einer von uns sich kreativer entfalten möchte? Bisher haben wir Glück, denn wir leben in einer Gemeinschaft auf einem großen Grundstück, wo es viele andere Baulichkeiten gibt, in denen man etwas unterstellen kann. Und das wäre vermutlich auch unsere Lösung für die Zukunft: ein Lagerplatz außerhalb unseres Hauses, wie zum Beispiel eine kleine Kunstwerkstatt oder einfach ein Gartenhaus.
Gibt es deiner Meinung nach Dinge, die überflüssig sind, aber jede Menge Platz brauchen?
Ohja! Da nenne ich am Besten gleich, was mich schon immer gestört hat: Der Fernseher. Nichts ist für mich fremder, als auf der Couch zu hocken und sich einer Gehirnwäsche zu unterziehen. Natürlich gucke ich gerne Filme, manche Serien und liebend gerne Dokumentarberichte, aber ehrlich gesagt sind die meisten frei verfügbaren Sendungen und vor allem Werbespots doch nur dazu gemacht, um uns etwas vorzugaukeln, uns zu unterhalten und stumm zu schalten, damit wir nicht realisieren, was wir wirklich wollen und stattdessen weiterhin Geld ausgeben für Dinge, die wir eigentlich nicht wirklich brauchen. Da gibt es so ein schönes Zitat im Englischen: “We buy things we don't need with money we don't have to impress people we don't like.”
Was macht ihr, wenn jemand zu Besuch kommt? Kann man eine zusätzliche Schlafmöglichkeit aufbauen?
Wir hatten schon oft Gäste, die auf unserem Sofa geschlafen haben. Das haben wir extra so geplant. Über dem Sofa befindet sich noch eine zusätzliche Loft, die wir im Moment als Lagerraum benutzen, unter anderem für weitere Kissen und Decken, welche man aber schnell als weiteren Schlafplatz für Abenteuerlustige umfunktionieren könnte. Einfacher wäre es natürlich, draußen unser Zelt aufzubauen, dann könnten wir auch unsere eigene Schlafecke jemandem anbieten.
Drei Schritte, um minimalistischer zu wohnen - welche wären das?
- Trenne dich langsam von den Dingen, die du nicht mehr benutzt.
- Wenn nicht funktional, behalte nur das, was du wirklich schön findest oder einen sentimentalen Wert für dich hat.
- Ersetze die restlichen Sachen mit hochwertigen Materialien – Biobaumwolle, handgefertigtes Geschirr, Geräte aus Edelstahl. Auch wenn es etwas mehr kostet, hat man letztendlich mehr davon: Man unterstützt lokale oder deutsche Unternehmen, es ist gesünder und umweltfreundlicher (weg von Plastik!) und hält vor allem länger.
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An dieser Stelle noch ein UPDATE: Seit Anfang 2024 habe ich mein neues Projekt “Einfach leben, mehr sein” ins Leben gerufen, du findest es auf www.lisa-albrecht.de. Es ist die Fortsetzung von diesem Blog, aber auf einer völlig anderen Ebene. Ich freue mich, dich dort zu sehen! Alles liebe, Lisa.
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