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Die schöne, glückliche BIO-Welt!

Lisa Albrecht
Lisa Albrecht

Ich bin ein wenig aufgewühlt und traurig. Ich möchte diese Momente mit euch teilen, denn es ist auch bei mir nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Vor allem Eierkuchen trifft es ganz gut. Mir wurde heute wieder etwas bewusst, was in meinem Kopf nicht mehr so präsent war. Aber der Reihe nach. Wir besuchten einen demeter-Bauernhof. Es ist ein unbeschreiblich schönes Anwesen mit toller Architektur und Atmosphäre. Ich wünschte, ich könnte so leben. Ingesamt kann man sagen, dass dort die Welt "noch in Ordnung" ist. Anbau von Bio-Obst und Gemüse, Verkauf im Lädchen und vieles mehr. Dort werden auch Tiere gehalten und diverse tierische Produkte hergestellt. Schweine, Kühe, Ziegen und andere Kleintiere gehören zu dem Anwesen. Der Bauernhof steht jedem Besucher offen und Schulkinder bekommen diverse Führungen angeboten. Die Milch-Kühe grasten tatsächlich während wir da waren, auf einer Wiese. Sie dürfen auch ihre Hörner behalten und die Schweine haben noch die Ringelschwänzchen. Eigentlich könnte man sagen, den Tieren dort geht es wunderbar. Man muss sich klar machen - demeter ist die Beste BIO-Qualität, die man heute bekommen kann. Sie arbeiten nach sehr strengen Richtlinien. Es gibt neben dem Stall noch weitere Stellplätze für Kühe und Kälbchen, die quasi zum Vorzeigen für Besucher sind.

Kälbchen und Kühe auf einem demeter-Bauernhof

Diverse Infoschilder dienen den Besuchern zur Information. Ich war schon einige Male auf diesem Bauernhof und habe mir nur alles angesehen. Heute hatte ich ein wenig mehr Zeit und beobachtete die Tiere genau. Die Kühe futterten ein wenig, hier und da hörte man ein Schmatzen. Doch immer wieder hörte man ein kleines Kälbchen, etwas weiter hinten. Es ließ mich nicht los und ich wollte wissen, was los ist. Schnell war klar: Es hat ziemlich laut nach seiner Mama gerufen. Wo ist denn deine Mama? In der Box entdeckte ich noch eins. Sie waren noch sehr jung und ängstlich. In der Box nebenan standen bereits etwas größere Kälbchen. Ebenso getrennt von den Müttern. Ganz ehrlich: Ich dachte, auf diesem demeter-Vorzeige-Bauernhof werden die Kälbchen nicht von ihrer Mama getrennt, zumindest nicht in so einem jungen Alter. Ich war ziemlich fest davon ausgegangen!

Kälbchen auf einem demeter-Bauernhof

Ich fing an, Infoschilder zu lesen. Und was steht da? In den ersten 24 Stunden wird das Kälbchen von der Mama getrennt, damit der Trennungsschmerz nicht allzu groß ist. Dann wird das Kälbchen ca. eine Woche in Einzelhaltung mit Blick auf andere Kälbchen gehalten. Erst dann wird es in eine Gruppe mit anderen Kälbchen integriert. Mir kamen die Tränen. Ich musste sowieso schon ständig einen Klos im Hals herunter schlucken, da ich die Tiere in so einer Welt nicht sehen möchte. Und da dämmerte es mir erneut: Auch der beste Vorzeige-Bio-Hof macht es nicht anderes. Es ist vielleicht keine typische Massentierhaltung (und die will ich persönlich nicht erleben, das zerreist mich), aber auch auf einem Bio-Hof geht es den Tieren nicht gut. Nur Freiheit und ein selbstbestimmtes Leben ist artgerecht. Ich habe schon den Eindruck, dass uns die Bio-Industrie etwas vormacht. Die Menschen denken sehr wohl, dass es den Tieren in Bio-Tierhaltung besser geht. Es wird mit Vorteilen geworben, wie "Unsere Tiere dürfen die Hörner behalten" oder "Sie haben Zugang zum Tageslicht". Sehr großzügig! Der Verbraucher fühlt sich besser, er unterstützt die konventionelle Massentierhaltung nicht und kauft mit einem besseren Gewissen das Stück Fleisch oder die Milch. Jedoch vergisst man dabei die Tatsache, dass "Bio" die Tiere genauso tötet und die Babys von ihren Mamas trennt, nur damit der Konsument ein "glückliches" Stück Fleisch auf dem Teller hat. Bio hat schon Vorteile, das möchte ich nicht abstreiten. Aber Bio heißt nicht automatisch, dass die Tiere frei und glücklich leben. Am Ende ist bei beiden Konzepten eins gemeinsam: Tiere sind Ware und die Ware bringt Geld.

Kälbchen auf einem demeter-Bauernhof

Es tut mir in der Seele weh, wenn ich sehe, wie die Tiere dort funktionieren müssen, nur eine Ware sind und ihr Leben nicht einfach leben können. Sie sind Wesen mit Gefühlen, wie du und ich. Wir Menschen, wir reden immer von Toleranz, von einem erfüllten und glücklichen Leben. Wir unterstützen die Schwachen, kämpfen für Freiheit und Gerechtigkeit. Warum aber nicht das Gleiche für die Tiere? Vielleicht, weil wir die Emotionen der Tiere nicht richtig wahrnehmen können. Sie können nicht sprechen und ihre Hilferufe hören wir nicht, weil wir sie nicht hören möchten. Schließlich müsste man sich eingestehen, dass in unserer Welt etwas nicht stimmt. Dort ist kein Platz für selbstkritische Gedanken. Ich frage mich auch, wer wirklich heute noch Tiere essen würde, wenn er sie selbst schlachten müsste? Auch jetzt kommen mir immer wieder die Tränen. Und ich habe noch nicht einmal die schlimmsten Bilder gesehen. Aber der Gedanke, jemand hätte mir meine Tochter direkt nach der Geburt entrissen, sie zur Fleischproduktion weiterverkauft und mich gefangen gehalten, damit ich schön Milch für den Genuss einer anderen Spezies produziere, löst bei mir eine tiefe Trauer, Sprachlosigkeit und ein großes Fragezeichen aus. Im Moment fehlen mir einfach nur die Worte.

Eure Lisa.

An dieser Stelle noch ein UPDATE: Seit Anfang 2024 habe ich mein neues Projekt “Einfach leben, mehr sein” ins Leben gerufen, du findest es auf www.lisa-albrecht.de. Es ist die Fortsetzung von diesem Blog, aber auf einer völlig anderen Ebene. Ich freue mich, dich dort zu sehen! Alles liebe, Lisa.

Veröffentlicht am 17. September 2016.
Lisa Albrecht
Lisa Albrecht
Gründerin & Autorin
Ich bin immer auf der Suche nach ganzheitlichen Lösungen für mehr Gesundheit und Balance im Leben. Ich liebe das Meer, veganes Vanille-Eis und unsere Erdbeeren aus dem Garten.
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